Fed-Age P.I. - Adventures in the 22nd Century
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Folge 1: Aufstieg und Opfer

(2. Teil)

von Thomas Nikolajsen
-- frei nach den STAR TREK-Motiven von Gene Roddenberry --

* * * * * * * *

<- zum 1. Teil
 

Zwei Monate waren nun seit Gomez' Rückkehr auf die Erde vergangen. Peter Hansen hatte zunächst ziemlich verärgert auf das "Versagen" des Privatdetektivs reagiert und ihm vorgeworfen, nicht energisch genug gegen den "Beamstrahl-Rocker" vorgegangen zu sein. Schließlich sah er aber (nicht zuletzt dank Captain Winklers Überzeugungskraft) ein, dass Gomez keine Chance gehabt hatte, den Entführer aufzuhalten, denn in einen bestehenden Beamvorgang einzugreifen hatte bisher noch niemand gewagt und das aus gutem Grund. Mr. Hansen verweigerte trotzdem die Bezahlung des restlichen Honorars, er speiste ihn lediglich mit einem Almosen ab sowie den Worten: "Ich bin enttäscht, Mr. Gomez, von meiner Tochter fast noch mehr als von Ihnen..."

Mit Dorix hatte der Detektiv über die wahren Ereignisse gesprochen, denn ihm vertraute er, auch wenn dieses Vertrauen durch die fatale Fehlfunktion seines Schiffes vorübergehend einen Knacks erlitten hatte. Doch wie schon Charlie Tucker bestätigt hatte, hatte es sich um einen bei diesem Schiffstyp nicht allzu selten auftretenden Hardware-Deffekt gehandelt, der erst während der schnellen Warp-Phase auftauchte - kurz bevor die Automatik reagieren konnte; außerdem war er durch seinen Tippfehler selbst mit schuld an dem Desaster.

Nachdem der Computer-Spezialist die Wahrheit über Sarahs wundersame Rettung und ihr Verschwinden gehört hatte, hatte er gemeint: "Im Grunde genommen wäre ein ganz normaler Mensch zu ähnlichen Handlungen fähig, wenn er immer die allerneueste Teshnologie einsetzen würde. Dieser Schwertschwinger mag uns um Jahrhunderte voraus sein, vielleicht auch nur um Jahrzehnte. Die von dir beschriebene Zusammenfaltung seines Helms scheint auf irgend etwas mit Nanotechnologie hinzudeuten. Auf jeden Fall glaube ich nicht, dass er ein Dämon oder Engel war!"
"Das habe ich auch nie behauptet, Malcolm, aber wenn du wirklich gesehen hättest was ich gesehen habe würdest du mit ein Bisschen mehr Respekt von ihm reden..."
"Findest du, ich rede respektlos von ihm? Wie dem auch sei, mehr werden wir wohl erst dann erfahren wenn Beamie, äh Sarah in spätestens sechs Monaten wieder auf der Erde ist!"
"Ja, wenn sie zurück kommt..."

- - - - -

Nun, rund acht Wochen nach diesem Gespäch gab es einen neuen Auftrag für Steven Gomez, einen ziemlich heiklen diesmal... Die lokalen Behörden von Mitteleuropa baten ihn um seine Mithilfe bei der Zerschlagung eines von Andorianern geleiteten Drogenrings. Der Privatdetektiv traute zuerst seinen Ohren nicht, klang die Schilderung der Lage doch sehr nach den Verhältnissen vergangener Jahrhunderte, als das organisierte Verbrechen Hochkunjunktur hatte. Nun hatte sich offenbar eine andorianische Mafia in dem Gebiet von Berlin und Umgebung niedergelassen und stellte dort längst vergessene Drogen wie Kokain, Heroin, Ecstasy nebst diversen außerirdischen Opiaten her. Noch war diese Gruppe vergleichsweise klein, aber allein ihre Existenz konnte das Gefüge der vereinten Erde erheblich stören. Da die abtrünnigen Andorianer - offenbar mithilfe von internen Spitzeln - schon mehrmals offizielle Agenten hatten enttarnen können, griff man nun auf einen "freien" Mitarbeiter zurück. Gomez fühlte sich geehrt, zumal ihm der Auftrag die nötige Ablenkung verschaffte, um nicht länger über den Hansen-Fall nachdenken zu müssen, doch gleichzeitig war er sich der immensen Gefahr bewusst, in die er sich da begab.

Mit dem Leiter der Sonderkommission, Mario Stecher, besprach er die genaue Vorgehensweise.
"Ihr Plan erscheint mir doch sehr riskant, Mr. Gomez, die können und werden Ihre Identität jederzeit überprüfen!"
"Riskant dürften alle Pläne sein, die zum Erfolg führen sollen. Erstens bin ich nur ein aufstrebender Junior-Gangsterboss von Rigel Prime, ich gebe nicht vor irgendein Bog Boss zu sein! Und zweitens hat mein Mitarbeiter bereits sämtliche Daten in das Computernetzwerk der dortigen Verwaltung eingespeist. Die müssten sich schon persönlich dorthin begeben, wenn sie mich wirklich auffliegen lassen wollten! Wenn es Sie beruhigt, kann ich mein Aussehen auch noch chirurgisch ändern lassen..."
"Das sollten Sie in der Tat; ich kenne da einen Spezialisten, dem wir absolut vertrauen können. Ich halte den Plan trotzdem noch für gefährlich, immerhin konnte ich Sie davon abbringen, einen Chicagoer Gangsteboss darzustellen!"
"Das hätten sie wohl auch wirklich schnell durchschaut... Trotzdem bestehe ich für meinen Einstand bei der andorianischen Mafia auf den Plan, den ich Ihnen bereits geschildert habe."

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Knapp eine Woche später: Irgendwo tief in den dunklen Winkeln der Berliner Altstadt traf sich eine Gruppe aus drei Andorianern und zwei Menschen. Letztere wollten von den blauhäutigen Männern offenbar etwas kaufen - Tabletten und weißes Pulver in Plastiktüten. Gerade als einer der Menschen seinen Finger in das Pulver tauchte und abschleckte, erschien wie aus dem Nichts ein Polizeiwagen. Zwei Beamten stiegen mit gezogenen Waffen aus und streckten die Kunden mit gezielten Betäubngsschüssen zu Boden. Dann zielten sie auf die verblüfften Drogendealer, die wie angewurzelt mit wild kreisenden Antennen dastanden. Sie saßen in der Falle. Aber wie war das Möglich? Ihr Boss hatte ihnen versichert, dass es heute keine Polizeiaktionen geben würde und der hatte seine Informationen immer aus einer sehr zuverlässigen Quelle.
Doch gerade als die beiden Beamten Handschellen aus ihren Gürteln zogen, traten zwei weitere Gestalten den Schauplatz: Sie trugen beide weite Mäntel und altmodisch wirkende Hüte (einer der Andorianer kannte sie aus uralten Gangsterfilmen der Erde) und einer der beiden zog eine Uralt-Maschinenpistole aus seinem Mantel hervor und eröffnete das Feuer auf die Polizisten. Die Projektile durschschlugen ihre gepanzerten Westen und blutüberströmt brachen sie zusammen. Aus dem Polizeiwagen stieg ein dritter Beamter mit gezogener Waffe aus, doch der zweite Mann streckte ihn mit einem gezielten Schuss aus einer kleineren Projektilwaffe nieder. Anschließend verwandelte sein Begleiter, nachdem er das Rundmagazin seiner Waffe ersetzt hatte den Polizeiwagen in ein Sieb. Nachdem er seine ganze Munition verschossen hatte, wandten sie sich den drei Andorianern zu. "Nun, meine Herren", sprach der, der den dritten Polizisten erschossen hatte, "da die Angelegenheit jetzt ja geklärt sein dürfte wäre ich erfreut, wenn Sie uns zu Ihrem Boss bringen könnten!"
"Zu-zu-zu unserem Boss? Wer sind Sie denn überhaupt? Werden Sie uns auch mit diesen brutalen Waffen töten?"
"Nein nein nein, wir sind ja gewissermaßen Kollegen, Leute wie auch einfach so umzubringen würde gegen unsere Gangsterehre verstoßen! Stimmt's, Fazz?"
"Ganz recht, Boss!", antwortete der mit der Maschinenpistole und schob seinen Hut etwas zurück. Fazz war Denebulaner, wie die Andorianer an den Wülsten in seinem Gesicht erkannten.
Der andere nun fort: "Ich werde mich erst Ihrem Boss zu erkennen geben; je früher wir ihm begegnen umso eher wissen Sie, wer ich bin!"

Etwas widerwillig führten die drei Dealer ihre beiden Retter durch ein Labyrinth von unterirdischen Gängen und Räumen zu einem Bunker aus der Zeit des dritten Weltkriegs. Dort saß ein wohlbeleibter Andorianer mittleren Alters an einem Schreibtisch und beäugte die menschlichen Neuankömmlinge argwöhnisch. "Soso, ihr habt also die wilden Männer markiert und drei Polizisten brutal abgeschlachtet..." (er war unterwegs über Audiokom informiert worden) "...Sagt mal, was fällt euch eigentlich ein, hier einfach so durch die Gegend zu ballern? Ich bin euch zwar dankbar, dass ihr meine Jungs gerettet habt, aber wir pflegen unsere Gegner auf eine, sagen wir nicht ganz so spektakuläre Weise aus dem Weg zu räumen! Also wer seid ihr und was wollt ihr?"
"Ich bin Jerome Pacetti und das ist mein Begleiter und Partner Fazz. Auf Rigel Prime pflegten wir immer unsere guten alten Bleispritzen sprechen zu lassen, hin und wieder auch ein paar moderne Energieblaster, wir sind ja schließlich keine Ewig-Gestrigen! Und was den Grund unseres Hierseins betrifft... Nostalgie, dieser Planet ist schließlich meine Heimat und dann wäre da noch das äußerst lukrative Geschäft des Drogenhandels!"
"Wir werden Ihre Angaben selbstverständlich überprüfen, Mr. Pacetti. Vorerst darf ich Sie als meine Gäste hier begrüßen, aber bitte legen Sie Ihre Waffen vorher ab! Willkommen auf der Erde und in Berlin, meine Herren! Ich bin Bevol Shronn."

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In den folgenden zwei Monaten gelang es Steven Gomez aka Jerome Pacetti, mit seiner unorthodoxen Art in der Gunst der andorianischen Drogenmafia aufzusteigen (nachdem diese ihr Haptquartier auf der Erde zur Sicherheit in die Gegend von Paris verlegt hatte, um den Konsequenzen von Pacettis Einstand aus dem Weg zu gehen). Fazz, der auch im wirklichen Leben so hieß und als Spezialagent des Sternenflotten-Geheimdienstes arbeitete gab einen hervorragenden Assistenten und Leibwächter ab. Die "Ermordung" der Polizisten war eine hervorragend inszenierte Show gewesen, lediglich die Zerstörung des Wagens, eines schon älteren Modells, hatte reale Schäden verursacht.

Schließlich vertraute Shronn ihm sogar so weit, dass er in die Planung eines besonders großen Deals einbezogen wurde, der in Moskau stattfinden sollte.
"Ich hoffe Sie wissen, welch eine Ehre das für Sie bedeutet, Mr. Pacetti! Sollten Sie mein Vertrauen in irgendeiner Weise missbrauchen, wird das tödliche Konsequenzen für Sie haben... Sie müssen wissen, ich bin keineswegs der oberste Boss hier! Über mir steht noch einer, der wiederum Kontakt zu ein paar ganz besonders schweren Jungs hat und ich meine damit Leute, gegen deren Tätigkeiten unser kleiner Drogenhandel hier wie ein Kavaliersdelikt wirkt!"
Das klang stark nach einer Geschichte von geradezu galaktischen Ausmaßen... Gomez fragte sich, ob er sich da nicht ein Bisschen übernahm und gleichzeitig wurde ihm auch klar, weshalb der Geheimdienst einen seiner Agenten für diesen Auftrag geschickt hatte.
Er ging gleich am darauffolgenden Morgen zu Fazz und stellte ihn zur Rede. "Tut mir leid, aber derartige Informationen sind nicht für Zivilisten bestimmt! Glauben Sie mir, es ist wirklich besser für Sie, wenn Sie nichts davon wissne und auch keine Fragen mehr stellen!"

Der entscheidende Tag nahte und sie fanden sich in Moskau ein. Mit Hochspannung warteten die beiden Agenten und die Mitglieder von Shronns Gang auf den großen Boss, dessen Handlanger mit fünf Minuten Verspätung (die wohl endlosesten fünf Minuten im bisherigen Leben des Privatdetektivs) auftauchten: Vier vollkommen vermummte Gestalten. "Meine Herren", flüsterte die zu vorderst stehende Gestalt mit geisterhafter und künstlich verstärkter Stimme, "Im Namen meines Auftraggebers möchte ich Sie willkommen heißen in dieser alten und großartigen Stadt. Bevor wir uns zu unseren endgültigen Treffpunkt begeben, wäre da noch eine Kleinigkeit zu erledigen..."
Zwei der anderen Vermummten zogen Waffen unter ihren Kutten hervor und Gomez brach von einem starken Energiestrahl getroffen zusammen; aus den Augenwinkeln bekam er noch mit, dass Fazz dasselbe Schicksal widerfuhr.

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Schmerzen durchzuckten seinen ganzen Körper, als er das Bewusstsein wieder erlangte. Er saß offenbar gefesselt an einem Stuhl inmitten einer großen Halle, womöglich einer (ehemaligen) Fabrik- oder Lagerhalle... Als seine Augen sich gerade an die sehr spärliche Beleuchtung gewöhnt hatten, vernahm er eine bedrohliche Stimme: "Wie geht es Ihnen, Mr. Gomez?"
"Pacetti, mein Name ist Jerome..."
"Falsche Antwort!" Ein harter Gegenstand berührte seinen Körper und eine Welle des Schmerzes, die ihm fast das Bewusstsein raubte durchfuhr ihn. Sein Peiniger stand nun genau vor ihm, in seiner Hand einen kurzen Stab, von dessen oberem Ende ein eiskaltes Leuchten ausging. Der Mann war menschlich, rot-violett-blaue Flecken auf seinem Gesicht sowie der glasige Blick und die rot umrandeten Augen deuteten darauf hin, dass er ein Phrell-Junkie war. Phrell, so hatte Gomez von Shronn gelernt, war eine andorianische Designerdroge, die grob gesagt die Wirkung von LSD und Kokain in einer gefährlichen Mischung vereinte. Auf Menschen hatte es eine weitaus fatalere Wirkung als auf Andorianer, schon geringste Mengen machten körperlich und seelisch abhängig und nach ein oder zwei Jahren kam der sichere Tod. Doch während dieser Zeit fühlten sich die Phrell-Süchtigen unbesiegbar wie Götter, die Droge steigerte ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten, hin und wieder sollte es nach regelmäßem Konsum sogar kurzfristig zu telepathischen Wahrnehmungen kommen.
Der Mann, der sich nun über den Detektiv beugte schien auf jeden Fall den Größenwahn dieser Gruppe von Junkies zu besitzen. "Sie dachten wohl ernsthaft, uns reinlegen zu können, Sie und ihr denebulanischer Freund!"
"Was... was haben Sie mit Fazz gemacht?"
Die Antwort erfolgte wieder mit dem Schmerzstab, doch diesmal war die Wirkung nicht ganz so schlimm wie zuvor... vielleicht hatte er sich auch nur an die Qualen gewöhnt? Mit einem diabolischen Grinsen antwortete Handlanger der andorianischen Mafia: "Wissen Sie, solch ein herrliches Exemplar bekommt man nicht alle Tage zu sehen... Ich und meine Leute waren neugierig, also haben wir den Denebulaner einfach aufgeschnitten und seine inneren Organe untersucht! Auf eine Narkose haben wir dabei verzichtet, denn wir wolten unsere Freude und unsere Ergebnisse unmittelbar mit ihm teilen. Leider, leider ist er gestorben, als es anfing so richtig Spass zu machen..."
"Sie perverses..." Diesmal schlug der namenlose Peiniger ihm mit dem Stab mitten ins Gesicht, Gomez spürte deutllich wie seine Nase brach.
"Sie haben es wohl immer noch nicht kapiert? SIE HABEN AUSGESPIELT! Ihre Freunde von der Polizei und vom Geheimdienst können Ihnen jetzt auch nicht mehr helfen. Sie kamen sich wohl mächtig schlau vor, Sie dachten Sie könnten uns reinlegen - aber Sie wissen ja gar nicht, mit wem Sie sich da angelegt haben!" Er setzte den Schmerzstab erneut an und fuhr dann fort: "Ihre Tarnung war anfangs nicht schlecht, nur zu dumm dass wir unsere Leute auch auf Rigel haben - dort sogar noch mehr als auf der Erde! Es sind nicht nur die Andorianer, nein wir sind eine viel größere Gemeinschaft... Und Sie wollten sich einfach so einschleichen!" Er spuckte ihm in verächtlich zwischen die Augen. "Was soll ich nur mit Ihnen machen... Sie zu sezieren wie Ihren Kameraden dürfte nicht wirklich Spass machen, ich könnte Sie vielleicht mit Ihrer eigenen Waffe erschießen..." Er zog Gomez' Magnum hervor und zielte auf den Gefesselten. "Nein, das wäre zu einfach. Außerdem könnten wir Sie noch gebrauchen... Wie wäre es, wenn ich Ihnen eine Dosis Phrell verabreiche? Das wäre eine sehr große Ehre, denn Phrell ist wie Ambrosia, es macht einen unbesiegbar..." Ein irres Lachen folgte seinen Worten, doch nachdem er sich wieder gefangen hatte meinte er: "Jemand wie Sie hat es eigentlich gar nicht verdient, in unseren Olymp aufgenommen zu werden! Ich werde noch einmal darüber nachdenken und mit dem Boss darüber sprechen...." Noch einmal setzte er den Stab an, diesmal so lange bis Gomez ohnmächtig wurde vor Schmerzen.

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Wie lange er bewusstlos gewesen war konnte er genauso wenig sagen wie beim ersten Mal. Die Schmerzen waren auf jeden Fall stärker als zuvor und er war unfähig, die blutverkrusteten Augen zu öffnen. Doch sein Gehörsinn war praktisch unbeeinträchtigt - überall liefen Leute hektisch umher und aus den Gesprächsfetzen, die er dabei aufschnappte konnte er schließen, dass sich ein Eindringling, vermutlich ein Agent des Geheimdienstes hier befand. "Wir müssen diesen Kerl unbedingt ausschalten! Er soll einfach so hier hereingebeamt worden sein."
"Das mit dem Beamen stimmt, aber es soll sich um eine Frau handeln!"
"Was denn, eine Frau? Und niemand sonst? Die machen wir doch mit Links fertig!"
Er hörte Schritte, die sich ihm schnell näherten und dann eine ihm leider nur allzu vertraute Stimme: "Um dich kümm're ich mich später, Mein Freund!" Dann entfernten sich die Schritte auch schon wieder. Er war zuversichtlich und besorgt zugleich: Nur eine einzige Person gegen eine ganze Bande von hervorragend durchorganisierten Mafiosi? Auf jeden Fall schien die Agentin den Gangstern keine Verschnaufspause zu gönnen:
"Sie hat sich in unser Computersystem hineingehackt! Verdamt noch mal, so gut kann kein einzelner Mensch sein... Sucht das Außengelände ab, irgendwo müssen sich noch ihre Komplizen verstecken!"
"Carl, sie kann wirklich kein Mensch sein... ich habe vorhin gesehen, wie sie einen ausgewachsenen Andorianer, einen männlichen wohlbemerkt durch die Luft gewirbelt hat, als wäre er eine Strohpuppe!"
"Dann ist sie vielleicht Vulkanierin... oder auf Phrell! Diese Ketzerin... wir müssen sie um jeden Preis eliminieren! Versucht weiterhin, die wichtigsten Daten zu retten, dann machen wir uns aus den Staub und sprengen hier alles in die Luft!"
Der Mann, der zuletzt gesprochen hatte und Carl hieß war sein Peiniger... War dies vielleicht doch sein Ende? Wollten sie ihn zusammen mit dieser Halle der Vernichtung preisgeben, erschossen sie ihn vorher oder nahmen ihn womöglich als Geisel mit? Ein von Phrell zerfressenes Gehirn war zu allem fähig...

Wieder näherten sich Schritte, aber diesmal klangen sie anders, irgendwie... eleganter. Es gelang Gomez, die Augen stückweise zu öffnen und mit verschwommenem Blick nahm er eine weibliche Gestalt mit langen, blonden Haaren war. "Wir haben keine Zeit zu verlieren, ich werde Sie retten!" Der Klang der Stimme jagte ihm einen erfreulichen Schauer über den Rücken: Es war Sarah! Sie schnitt seine Fesseln durch und half ihm auf. Kaum stand der Detektiv wieder wackelig auf seinen Beinen, verschwamm die Umgebung vor ihm und einen Augenblick später befand er sich in der kalten, nächtlichen Moskauer Innenstadt. Waren sie tatsächlich gebeamt? Er hatte diesmal kaum etwas gespürt, aber vermutlich steckten ihm die schmerzhaften Erlebnisse mit dem verphrellten Carl noch zu sehr in den Knochen...
"Die Polizei wird bald dort auftauchen; ich habe einen Großteil der Bande handlungsunfähig gemacht, aber der Big Boss scheint mir leider entwischt zu sein!"

* * * * *
 

Drei Tage später lag Steven Gomez in einem Chicagoer Krankenhaus; sein altes Gesicht war wiederhergestellt, steckte aber noch unter einem Verband. Der Leiter der Berliner Sonderkommision, der ihn mit dem Undervocer-Auftrag betraut hatte, war einer der Ersten die ihn besuchten. Er entschuldigte sich noch einmal dafür, dass die Situation derart eskaliert war doch Gomez winkte ab und meinte, dass er damit hatte rechnen müssen und dass das Risiko bei solchen Missionen generell immer sehr hoch sei. "Das stimmt in der Tat", meinte Stecher, "aber wir haben trotzdem das wahre Ausmaß des Mafia-Netzwerkes übersehen oder zumindest nicht wahrhaben wollen! Wir können von Glück sagen, dass der Geheimdienst noch ein Ass im Ärmel hatte. Wer hätte denn gedacht, dass ausgerechnet Sarah Hansen, die Frau, die Sie im Auftrag ihres Vaters finden sollten, zu denen gehört? Ihr haben wir es zu verdanken, dass der Ring der andorianischen Mafia zerschlagen ist; Bevol Shronn konnte zwar fliehen, aber zumindest für die Erde dürfte er keine Gefahr mehr darstellen. Was uns aber wirklich sorgen macht ist dieses ganz große Netzwerk, von dem die Andorianer nur ein Teil waren... Und es sieht so aus, als ob die Spuren tatsächlich zum Orion führen würden!"
Das berüchtigte Orion-Syndikat. Bislang hatte es größtenteils nur in Gerüchten existiert, niemand hätte diesen scheinbar so primitiv ausgestatteten und wilden Piraten wirklich zugetraut, ein derartiges Netzwerk aufzubauen... es war noch nicht sicher, ob es schon länger existierte oder sich gerade erst am Anfang befand, aber sicher war dass dieses Problem die gesamte Föderation betraf. Und je mehr diese sich ausbreitete, umso mehr Zulauf würden auch die Piraten erhalten.
Doch das war nun nicht mehr Gomez' Problem. Zum Abschied schenkte Stecher ihm einen neuen Hut in den von ihm so geliebten altmodischen Stil (den Vorgänger hatten die Mafiosi ihm bei seiner Enttarnung weggenommen).

In den darauffolgenden Tagen bekam der Privatdetektiv Besuch von Mr. und Mrs. Hansen samt Tochter, Malcolm Dorix, ja sogar Captain Winkler und Percy Shattner. Sarahs Eltern waren überglücklich, ihre einzige Tochter wieder bei sich zu haben und Mr. Hansen überwieß Gomez noch eine ordentliche Summe auf das Konto, auf welchem sich nun ohnehin schon ein ziemlicher Batzen wegen seines gerade zu Ende gegangenen Auftrags befand.

Einen Tag vor seiner Entlassung erhielt er noch einmal Besuch von Sarah. "Nun, Frau Geheimagentin, wie laufen die Geschäfte?", fragte der Genesene leicht frotzelnd.
"Eigentlich bin ich nur inoffizielle Mitarbeiterin und das auch nur für die Behörden, mit denen Sie zusammengearbeitet haben und meine Eltern! Die vergangenen Monate habe ich mit meinem Ausbilder verbracht, der mich auf diesen Einsatz vorbereitet hat."
"Und was haben Sie den Leuten von der Sternenflotte erzählt?"
"Dass ich mich an nichts mehr erinnern kann und dass Ihre Rettung durch einen erneuten Eingriff des Fremden erfolgte, mit dem ich allem Anschein nach die letzten vier Monate zusammen verbracht habe."
"Aber das ist doch schon wieder nicht die Wahrheit?"
Sie beugte sich vor und meinte mit einem verschwörerischen Gesichtausdruck: "Tolayon sagte mir, dass ich mich einem Menschen meiner Wahl anvertrauen könne. Zuerst dachte ich dabei an meinen Freund Phil, oh mein Gott, mir fällt gerade ein dass ich mich immer noch nicht bei ihm gemeldet habe! Jetzt aber erstmal weiter im Text: Eine zeitlang hatte ich auch Trip, ich meine Mr. Tucker in Erwägung gezogen, da ich ihn schon bewundere, seit ich ein kleines Kind war! Dann aber sah ich, in welchen Schwierigkeiten Sie sich befanden und handelte einfach. - Ich kann mich noch an jede Einzelheit dieser vier Monate erinnern, aber es ist schwer alles in Worte zu fassen... Tolayons Volk ist unsterblich und wird von einfachen Kulturen oft als Götter oder Zauberer verehrt. Ein paar von ihnen sollen sogar vor Jahrtausenden auf der Erde gewesen sein! Umso verwirrter war ich natürlich und bin es ehrlich gesagt immer noch, dass ein solch mächtiges Wesen ausgerechnet mich dazu auserkoren hatte, Dinge zu sehen die noch nie ein Mensch zu Gesicht bekommen hat! Schließlich hat er mir sogar Kräfte gegeben, die fast so groß sind wie seine eigenen. Ich vermag mich jetzt aus eigener Kraft zu teleportieren, das geht schneller und ist obendrein noch sicherer als mit jedem Transporter!"
"Wissen Sie was? Die Geschichte mit dem Geheimdienst klingt in meinen Ohren viel plausibler als dieser Mystik-Kram, den Sie mir soeben erzählt haben. Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, was dieser... Tolayon vermag, ich würde Sie für eine abgedrehte Spinnerin halten! Auf jeden Fall fühle ich mich wahrhaftig geehrt, dass Sie sich in dieser Angelegenheit mir anvertrauen."

- - - - -

Kaum saß der Detektiv wieder an seinem Schreibtisch, besuchte Sarah ihn erneut. "Ich hoffe Sie halten mich nicht für aufdringlich, aber hier habe ich eine Flasche Original-Bourbon für meine einzige Vertrauensperson auf diesem Planeten!"
"Was denn, echter Bourbon? Das glaube ich erst wenn ich ihn probiert habe! Wollen Sie auch einen Schluck?" Sie lehnte dankend ab und er ging zu einem antiken Holzschrank mit gläsernen Türen, holte ein Whisky-Glas hervor und füllte es an einer ebenfalls antik wirkenden Maschine zur Hälfte mit Eiswürfeln. Dann begab er sich wieder zu seinem Schreibtisch, öffnete die Flasche und goss gerade soviel von ihrem Inhalt ins Glas, dass die Eiswürfel bis zur Oberkante von der goldbraunen alkoholischen Flüssigkeit bedeckt waren. Er nahm einen kleinen Sshluck und verzog überrascht das Gesicht. "Einen so guten Bourbon habe ich noch nie getrunken! Der muss doch sicher ein Vermögen gekostet haben... oder haben Sie ihn selbst aus der Vergangenheit herteleportiert?"
"Keins von beiden; Tolayon hat ihn mir gegeben!"
"Ach so... Was will er denn eigentlich von uns, genauer gesagt von Ihnen? Er verwandelt doch nicht einfach so eine Erdenbürgerin in eine Art Halbgöttin, ohne einen Hintergedanken!"
"Seine Motive sind selbst mir nicht ganz klar, aber ich glaube er will mich erst mal testen, ob ich mit solchen Kräften überhaupt verantwortungsvoll umgehen kann! Und das bringt mich zum eigentlichen Grund meines Hierseins: Ich würde gerne Ihre Assistentin werden. Ich vermag mich nicht nur in Sekundenbruchteilen an jeden Ort der Welt zu begeben, sondern ich kann auch mein Aussehen verändern und im entmaterialisierten Zustand kann ich in Form eines Datenstroms in jeden Computer direkt eindringen!"
"Ach du meine Güte, wenn Malcolm das wüsste, der würde glatt durchdrehen! Angenommen ich würde auf Ihr Angebot eingehen, wie wollen Sie das denn auf Dauer durchhalten, wenn Sie Ihre Freunde, Ihre Familie, die Sternenflotte und wen weiß ich noch mit jeweils unterschiedlichen Lügenmärchen beglücken?"
"Ich dachte da an die klassische Doppelidentität einer Superheldin, wie Batgirl oder Sailor Moon..."
"Das mag zwar in den Comics funktionieren aber hier im realen Leben gibt es einfach zu Viele, die mehr oder weniger auf die Wahrheit kommen könnten, wenn auf einmal eine Unbekannte mit übernatürlichen Fähigkeiten auftauchen würde! Und den Geheimdienst dürften Sie damit auf Dauer am allerwenigsten hinhalten können. Was sagt denn eigentlich Ihr Freund, dieser Phil zu der ganzen Sache?"
"Ich... ich habe ihm dieselbe Geschichte erzählt wie schon Captain Winkler. Hören Sie mal, wir können die Angelegenheit doch mal mit Tolayon besprechen, ich treffe ihn heute Abend! Sie brauchen auch keine Angst vor ihm zu haben, er weiß sich, wenn es sich nicht gerade um einen dringenden Notfall handelt sehr gut und vor allem unauffällig zu benehmen!"

Es war kurz vor Sechs Uhr, als sich Gomez und Sarah in der Nähe einer nicht gerade einladend aussehenden Sackgasse mitten im Großstadtdschungel von Chicago einfanden. Punkt Sechs ging die junge Frau in die Gasse hinein und wies den Detektiv per Handzeichen an, ihr zu folgen. Nach Sonnenuntergang würde er sich hier nur ungern aufhalten wollen... Gottseidank blieb es im Juli bis etwa Acht Uhr hell. Trotzdem war es in der Gasse selbst immer ziemlich düster, Gomez konnte den dunklen Schatten mit Trenchcoat und Hut - vom selben Typ wie er ihn hatte - gerade noch ausmachen. Sarah begrüßte die Gestalt im Zwielicht wie einen alten Freund und er ging etwas unsicher auf die beiden zu. "Na da haben wir ja unseren tapferen Detektiv!", rief der Fremde und schüttelte Gomez' Hand mit festem Druck. Es war dieselbe Person, die damals in voller Rüstung in der Transporterhalle erschienen war und Sarahs Leben gerettet hatte. "Ähm, Sir, eure Göttliche Hoheit... verflixt nochmal, ich weiß einfach nicht, wie ich Sie anreden soll!"
"Einfach Tolayon, Mr. Gomez, als Gott wurde ich noch nie verehrt, ich war immer nur ein Krieger, der einst als Sterblicher unter Sterblichen aufwuchs!"
"Na dann, Mr... Tolayon, war es vielleicht zufällig die Erde, auf der Sie aufwuchsen? Irgendwann muss Ihnen Ihre wahre Natur wohl bewusst geworden sein... ich würde übrigens vorschlagen, wir setzen uns in ein Café, dort ist es auf jeden Fall gemütlicher als hier an diesem Ort!"
"Café... Beamie sagte mir, dass dies ein Ort sei, an dem die Menschen gerne zusammenkommen, abgesehen vielleicht von Bars oder irgendwelchen Sportstadien. Nun denn, begeben wir uns auf den Weg dorthin! Und um Ihre Frage zu beantworten: Ich wuchs in einer Welt auf, die der Euren ähnelt, aber trotzem anders ist. Ihr werdet diesen wunderbaren Leuten eines Tages auch begegnen, wenn auch vielleicht nicht mehr in diesem Jahrhundert! Anfangs habe ich den Tag verflucht, an dem mir Nemesis offenbarte, wer ich eigentlich wirklich bin... In meinem Herzen fühle ich mich manchmal immer noch wie einer der ganz einfachen Leute; das ist auch der Grund, weshalb mich die Erde so fasziniert, wenn auch nicht so stark wie meine alte Heimat!"
Während Tolayon diese Worte sprach, befanden sie sich schon auf den Weg zu einem Café drei Blocks weiter. Sie gingen hinein, während der Privatdetektiv immer noch an das dachte, was der Fremde zuletzt gesagt hatte.
Sie setzten sich und Gomez bestellte sich einen Kaffee und ein Stück Käsekuchen; Sarah nahm sich einen Cappuchino und Tolayon tat es ihr nach. Das Café war nicht gerade das Vornehmste, aber dafür musste man auch nicht so tief in die Tasche greifen. "Sagen Sie mal", begann der Detektiv, "ich bin zwar kein Experte in griechischer Mythologie, aber als Sie vorhin von Nemesis sprachen, meinten Sie damit tatsächlich die Sprichwörtliche, die Rachegöttin der Antike?"
"Genau die. 'Rachegöttin' ist allerdings übertrieben, sie ist generell nicht so mies wie ihr Ruf. Allerdings legt sie Wert darauf, dass nie ein sterbliches Wesen ihr Gesicht zu sehen bekommt - sagen wir, das ist nun mal Teil ihres Image. Aber Sie sind doch wohl nicht nur deshalb gekommen, um mit mir über solche Dinge zu sprechen. Es geht um Beamie, ich meine Sarah, nicht wahr?"
Gomez aß den letzten Bissen seines Kuchens und teilte dem so unscheinbar wirkenden Humanoiden dann seine Bedenken bezüglich Sarahs neuer Fähigkeiten mit. "Nun, ich dachte mir schon dass dies zu Problemen führen könnte. Die Menschen sind noch ziemlich primitiv, aber auch sehr neuigerig und sie lernen schnell. Vielleicht sogar schneller als ihnen gut tut... Eines Tages werden sie im Weltraum auf Wesen stoßen, die Kräfte ähnlich den meinen haben oder sogar noch mächtiger sind als ich! Ich hoffe Sie verstehen, dass ich mit Beamie gerne allein darüber sprechen möchte. Sie sind selbstverständlich eingeladen!"
Gomez bedankte sich und stand auf. Etwas zögerlich verließ er das Café, doch er wusste er hatte keinen Grund, um Sarahs Wohlergehen besorgt zu sein.

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An Schlaf war für ihn trotz Allem kaum zu denken; immer wieder musste er daran denken, für welche Zukunft Sarah sich entscheiden würde. Als er schließlich doch noch einschlief träumte er von griechischen Göttern in Trenchcoats; ein vollbärtiger Zeus verschoss Blitze aus einer automatischen Thompson...

Dementsprechned gerädert wachte er ma nächsten Morgen auf und machte sich erst einmal einen extra starken Kaffee. Rasieren müsste er sich auch mal wieder, doch er hatte irgendwie keine Lust dazu. Er setzte sich an seinen Computer und fragte die neuesten Nachrichten ab. Klassische Zeitungen, jeden Morgen frisch aus der Druckerpresse und auf echtem Papier gab es praktisch nicht mehr; höchstens mal die eine oder andere Sonderausgabe eines seit Jahrhunderten renomierten Blattes wie der New York Times.

Gegen vier Uhr nachmittags erhielt er einen Anruf von Sarah, welche nicht gerade bester Laune war: "Sie haben es geschafft, Mr. Gomez, Tolayon hat mich dank Ihres Misstrauens in meine Fähigkeiten all meiner neuen Kräfte beraubt!"
"Nun mal langsam, ich wollte nie, dass er Sie wieder zu einem normalen Menschen macht - wenn dann war das allein seine Entscheidung, immerhin muss er ja Erfahrung in solchen Dingen haben!"
"Das mag schon sein, aber Sie haben den Stein ins Rollen gebracht!"
"Hören Sie, ich kann ja verstehen, dass Sie jetzt aufgeregt sind, aber wenn Sie sich wieder etwas beruhigt haben werden Sie vielleicht einsehen, dass die Entwicklung der Dinge, auch wenn sie nicht unbedingt nach Ihren Vorstellungen verlaufen sein sollte letztenendes doch nur zu unser aller Wohl war! Ich könnte mir auf jeden Fall nicht vorstellen, auf Dauer mit solchen Kräften umgehen zu können... Große Macht erfordert immer auch große Verantwortung!"
"Mein Gott, Sie klingen ja schon wie Tolayon - ihr beide steckt doch unter einer Decke!" Mit diesen Worten beendete sie die Verbindung. Gomez hatte das Gefühl, soeben nicht mit einer 26 Jahre alten Frau, sondern mit einem 16-jährigen Teenager gesprochen zu haben, dem man den Gameboy weggenommen und obendrein noch verboten hatte, das Konzert der Lieblings-Boygroup zu besuchen.

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Drei Tage später meldete Sarah Hansen sich wieder. Sie entschuldigte sich für ihren harschen Tonfall beim letzten Gespräch und sah nun ein, dass sie der Verantwortung als "Superheldin" wohl doch nicht gewachsen gewesen wäre. "Aber ich kann mich noch an Vieles erinnern, wenn nicht gar das Meiste; falls Sie immer noch Interesse hätten, ich würde gerne Ihre Assistentin werden..."
"Es freut mich, dass Sie sich wieder gefangen haben. Ihr Angebot sollten wir auf jeden Fall von persönlich unter vier Augen besprechen..."
"Das finde ich auch. Wie wäre es mit einem Café in Madrid? Ich kenne da ein gutes und Sie werden wohl verstehen, dass ich von Chicago vorerst die Nase voll habe!"

Noch vor 100 Jahren dürfte es seltsam erschienen sein, sich einfach so zum Kaffee ein einem anderen Land, ja sogar auf einem anderen Kontinent zu verabreden. Doch mittlerweile gab es Transportmittel, die die Erde wirklich zu einem globalen Dorf zu machen schienen. Am effektivsten waren die planetaren Transporter, mit denen man sich innerhalb von Sekunden an jeden beliebigen Ort des Globus beamen konnte und seltsamerweise wurden sie sogar recht häufig benutzt. Gomez konnte sich damit nach wie vor nicht anfreunden und nahm einen Überschallflieger - es war nicht das erste Mal, dass er nach Spanien flog.
Sie wartete bereits auf ihn (natürlich hatte sie den planetaren Transporter benutzt) und schien ziemlich angespannt zu sein. "Ich warte schon seit einer geschlagene Stunde auf Ihre Ankunft!"
"Weil Sie offenbar eine Stunde zu früh hier ankamen. Wir hatten doch Fünf Uhr Nachmittags Ortszeit ausgemacht! Welche Laus ist Ihnen dnen diesmal über die Leber gelaufen?"
"Ich möchte nicht darüber reden. Nur soviel: Nach meinen Erfahrungen in der letzten Zeit wird nichts mehr so sein, wie es vorher mal war. Auch wenn ich jetzt wieder ein ganz normaler Mensch bin, fängt für mich ein ganz neues Leben an..."

In den darauffolgenden zwei Stunden sprachen sie über Sarahs Zukunftspläne; sie hatte vorher hauptberuflich in einem Reisebüro gearbeitet und war nun daran interessiert, an Gomez' Seite zu arbeiten. Der Privatdetektiv konnte eine Asisstentin wirklich gebrauchen; Dorix war die meiste Zeit unterwegs und generell nur freier Mitarbeiter. Und die virtuelle Assistentin in seinem Computer war auf Dauer auch nicht das Wahre...
Sie waren so in Einzelheiten vertieft, dass er den Andorianer erst gar nicht bemerkte. Doch als er sich ihrem Tisch im Freien bis auf etwa fünf Meter genähert hatte, war der blaue Hüne nicht zu übersehen: Er trug trotz der sengenden Sonne dichte, schwarze Lederkleidung und eine Sonnenbrille. Unwillkürlich musste Gomez an einen uralten Action-Film mit Arnold Schwarzenegger denken; der Andorianer wirkte mindestens genauso bedrohlich wie der Killerandroid aus diesem Film und der Detektiv zog instinktiv seine Magnum. Der Kleiderschrank mit Antennen auf dem Kopf griff ebenfalls nach seiner Waffe und Gomez drückte ab. Mit einem lauten Krachen bohrte sich das Geschoss in die Brust des Andorianers, welcher kurz nach hinten taumelte und dann mit noch wahnsinnigerem Grinsen erneut nach seiner Waffe griff. "Laufen Sie, Sarah!", rief Gomez der wie versteinert dasitzenden Frau zu und feuerte den Rest seines Magazins auf den Angreifer ab. Dieser ging diesmal sogar beinahe zu Boden, aber als ob sich unter seinem Fleisch tatsächlich ein schier unzerstörbares Metallskelett befand hielt er den eigentlich tödlichen Projektilen stand. Durch die Schüsse alarmiert war der Besitzer des Cafés auf die Strasse geeilt, mit einem Phasengewehr in den Händen. Als er sah, wie der Andorianer auf die davonrennende junge Frau zielte schoss er - ohne Wirkung. Mit ein paar unsicher wirkenden Handgriffen stellte er die Waffe offenbar auf Töten, denn der nächste Schuss ließ den über zwei Meter großen Mann deutlich zusammenzucken, aber zu Boden ging er immer noch nicht. Sarah stolperte und der Andorianer feuerte einen grellen Lichtblitz aus seiner klobigen Waffe, der sie innerhalb einer Sekunde zu Asche verbrannte. Anschließend löste er sich selbst im gleisenden Licht eines Transporterstrahls (oder was auch immer es sein mochte) auf...

* * * * *
 

Die Katastrophe war perfekt. Warum musste Sarah auch ausgerechnet dann diesem andorianischen Killer zum Opfer fallen, nachdem sie all ihrer neu erworbenen übermenschlichen Käfte beraubt worden war? Die Polizei vermutete, dass der Attentäter entweder von der andorianischen Mafia oder vom Orion-Syndikat selbst angeheuert worden war, um Rache dafür zu nehmen, dass Sarah sie damals hatte auffliegen lassen. Da fast alle sie für eine Geheimagentin gehalten hatten, hatte auch niemand es für nötig befunden, sie unter Polizeischutz zu stellen. Den Aussagen des Detektivs, des Café-Besitzers und einiger anderer Augenzeugen zufolge schien aber höchstens eine schwer bewaffnetes Sonderkommando in der Lage gewesen zu sein, den Koloss zu stoppen. Offenbar hatte er unter der Lederkleidung Panzerplatten getragen und war wahrscheinlich auch noch auf Phrell gewesen...

Doch all diese Vermutungen machten Sarah Hansen auch nicht wieder lebendig. Es gab noch nicht einmal eine richtige Beerdigung, denn alles was von ihr übrig geblieben war war ein kleines Häufchen Asche, das von den Behörden einer gründlichen Untersuchung unterzogen wurde. Schließlich gaben sie es für die Beisetzung frei.
Auf der Trauerfeier hatten sich Alle versammelt, denen Steven Gomez im Laufe des letzten knappen halben Jahres begegnet war: Die Eltern der Ermordeten, Die Führungsoffiziere der U.S.S. Destiny, ja sogar Sarahs Clique. Ihr Freund, der junge Mann, der damals in der Versuchshalle am besorgtesten gewirkt hatte war besonders davon betroffen. Wie er erzählte hatte Sarah kurz vor ihrem Tod mit ihm Schluss gemacht - genau an dem Tag, an dem Gomez sich mit ihr in Madrid getroffen hatte. Dies machte ihn hellhörig: Wieso nur sollte Sarah ihre Beziehung zu dem Mann beenden, der sie offenbar über Alles geliebt hatte? Gerade nach dem Verlust ihrer Kräfte hätte sie seinen Beistand doch nötig gehabt. Es schien fast so als ob sie von ihrem bevorstehenden Tod gewusst hätte. Und noch was: Wieso hatte Tolayon diesmal nicht eingegriffen?

Auch Captain Marc Winkler hatte Fragen, Fragen, die sich teilweise in dieselbe Richtung bewegten. Er war von der Sternenflotte inoffiziell mit der Ermittlung beauftragt worden und ihm konnte man die Geschichte mit dem Geheimdienst nicht so einfach auftischen. Sie flogen gleich nach der Trauerfeier mit dem Shuttle zur Destiny.

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"Also Mr. Gomez, wenn uns hier jemand weiterhelfen kann dann Sie! Schließlich waren Sie in der letzten Zeit am meisten mit Ms. Hansen zusammen. Irgend etwas müssen Sie doch wissen!"
Eigentlich hätte er jetzt mit der Wahrheit herausrücken können und sollen, doch irgend etwas brachte ihn dazu, es mit folgender Lügengeschichte zu versuchen:
"Sarah hatte Ihnen doch gesagt, dass sie sich an nichts mehr erinnern kann, was während der Zeit geschah, in der sie mit ihrem Retter zusammen war. Nun, mir hat sie dasselbe erzählt; ob es der Wahrheit entprach kann ich leider selbst nicht sagen. Wenn man es... logisch betrachtet, könnte es doch sein dass ein anderer seines Volkes Sarah getötet hat oder töten ließ, für den Fall dass sie tatsächlich Dinge gesehen hatte, die sie eigentlich nie zu Gesicht bekommen hätte dürfen!"
"Das klingt einleuchtend", meinte Percy Shattner, "zumindest würde es die die enorme Widerstandskraft des andorianischen Attentäters erklären. Die Frage ist nun welche Gefahr diese Wesen für die Föderation darstellen!"
"Äh, nun ja, da Sarah die Einzige war, die Bescheid wusste, wenn sie sich überhaupt daran erinnern hätte können, dürfte die Gefahr wohl gebannt sein. Hören Sie mal, ich bin nur Privatdetektiv, für solche Angelegenheiten haben Sie doch sicherlich Ihre eigenen Leute, die darauf spezialisiert sind! Ich habe Ihnen alles gesagt was ich weiß." Schlagartig wurde ihm bewusst, wie nahe seine soeben erfundene Geschichte doch an der Wahrheit sein konnte... Es blieb ihm jetzt nur noch zu hoffen, dass keiner vom Geheimdienst die Kommunikationsverbindung abgehört hatte; immerhin hatte Sarah ihm auf diesem Wege von ihrer "Entmachtung" erzählt und selbst wenn seine Verbindungen meistens verschlüsselt waren (dank Malcolm Dorix), blieb immer ein Restrisiko übrig. Doch Captain Winkler und sein Sicherheitsoffizier schienen ihm zu vertrauen und er durfte das Schiff wieder verlassen.

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Vier Tage später hatte Gomez seinen 37. Geburtstag, doch ihm war nicht groß nach Feiern zumute. Auch die Assistentin, die er kurz darauf einstellte konnte seine Laune nicht verbessern. Sie war eine rotzfreche Göre Anfang 20 (und nebenbei bemerkt niemand von Sarahs alter Clique), die sich mehr um den Zustand ihrer Fingernägel kümmerte als um die Angelegenheiten ihres Arbeitgebers. Er entließ sie nach einer Woche.

Was ihm aber wirklich Sorgen bereitete war die Möglichkeit, dass er als Nächster auf der Liste des Killers stehen könnte, egal ob der nun im Auftrag irgendeines Verbrecher-Syndikats oder von Tolayons Volk gehandelt hatte. Doch wenn er ihn auch beseitigen hätte sollen und wollen, hätte er es doch schon längst getan, am besten, als er Sarah erschoss...

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Eines Morgens, gut ein Monat war nun seit Sarahs "Beisetzung" vergangen, saß er wieder mal an seinem Schreibtisch und sah eine volle Flasche Wodka neben seinem Computerterminal mit beinahe sehnsüchtigen Blicken an. Er wusste, dass Alkohol keine Lösung sein konnte und doch schien die Aussicht verlockend, sich einfach dem Suff zu ergeben und die Sorgen im hochprozentigen Kartoffelschnapps zu ertränken. Noch immer unschlüssig bewegte er seine rechte Hand langsam in Richtung Flasche. Da wurde es mit einem Mal kalt im Raum - war die Klimaanlage etwa defekt? Direkt vor ihm erschien ein Flimmern, langsam schälte sich eine Gestalt heraus, die immer deutlicher Konturen annahm, ein ihm wohl vertrautes Gesicht, das ihn anlächelte... "Sa-Sa-Sa-Sa-Sarah?", konnte er nur stammeln. Sie stand zum Teil transparent vor ihm, wie ein Hologramm oder wie ein... nein, es gab keine Gespenster, das konnte einfach nicht sein!
"Keine Angst, Mr. Gomez, ich bin nicht wirklich tot! Meine 'Ermordung' war nur gestellt, Tolayon selbst war der Andorianer!"
Der Detektiv brauchte eine Weile, um das zu verdauen. "Das... das würde tatsächlich seine Unempfindlichkeit gegenüber den Schüssen erklären! Aber wieso nur Sarah, wieso? Und warum sehen Sie aus wie ein Geist?"
"Weil ich trotz meiner vorherigen Worte in gewisser Weise tatsächlich tot bin. Sie hatten recht, eine Doppelidentität wäre wohl zu riskant gewesen! Daher musste Sarah Hansen sterben, damit ich mit einer völlig neuen Identität ganz von vorne anfangen kann. Glauben Sie mir, das ist mir keineswegs leicht gefallen, ich hätte beinahe lieber auf meine Kräfte verzichtet anstatt all jenen Schmerz zuzufügen, die mir jemals etwas bedeutet haben! Aber es handelt sich hier um eine einmalige Chance, womöglich kann ich nun mehr Menschen helfen als durch die ganze Angelegenheit zu Schaden gekommen sind!"
"Mein Gott, wissen Sie überhaupt was Sie da reden? Gewiss, eine solche Macht zu haben wie Sie mag zwar sehr verführerisch sein, aber war sie wirklich dieses Opfer wert? Ihre Familie, all Ihre Freunde sind überzeugt, das Sie tot sind!"
"Sie haben nicht das gesehen, was ich gesehen habe und ich könnte es Ihnen höchstens unvollständig beschreiben, wenn ich überhaupt die richtigen Worte finden sollte! Bitte geben Sie Denise eine Chance, sie wird es Ihnen vielleicht nach und nach erklären können..." Sarah verschwand wieder, verblasste zusehends mit einem letzten Lächeln auf den Lippen. Gomez fühlte unerklärlicherweise eine innere Ruhe, dabei sollte er jetzt so aufgeregt sein, dass er die ganze Flasche Wodka in einen Zug hätte leeren können. Doch nichts Dergleichen, vielmehr schien er sich in einer Art leichten Trance zu befinden, er spürte, dass Großes bevorstand.

Er wusste nicht, wie lange er sich in diesem Zustand befunden hatte, doch er wurde jäh aus seinen umhertreibenden Gedanken gerissen, als es an der Türe klingelte. Auf dem Bildschirm seines Terminals erschien automatisch das Bild der Kamera, die den Hauseingang bewachte - es zeigte eine ihm unbekannte Frau schwarzafrikanischer Abstammung mit schulterlangen, gelockten Haaren. "Ja?", fragte er durch die Gegensprechanlage.
"Hallo, ich bin Denise... Ich habe gehört, Sie könnten eine Assistentin gebrauchen!"
Denise? War das nicht der Name, den Sarah kurz vor ihrem Verschwinden erwähnt hatte? "Kommen Sie herein!", rief er und öffnete die Tür per Knopfdruck von seinem Terminal aus. Eine halbe Minute später stand sie vor ihm und lächelte ihn genauso an wie vor Kurzem noch... aber nein, diese Art von Lächeln war sicher vielen, wenn nicht gar allen Frauen gemeinsam. "Guten Tag, mein Name ist Denise Whittman..." Er schüttelte ihre Hand, während sie fortfuhr: "Wenn wir unter uns sind, aber auch nur dann können Sie mich Beamie nennen, wenn sie wollen!"
Ein beinahe grinsendes Lächeln huschte über sein Gesicht. Er hatte verstanden. Und er wusste, dass das Abenteuer gerade erst begonnen hatte...

 
ENDE

 
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Disclaimer:
STAR TREK wurde von Gene Roddenberry entworfen und ist eingetragenes Markenzeichen von Paramount Pictures; die Rechte liegen bei dieser Firma.

"Fed-Age P.I. - Adventures in the 22nd Century" ist eine Fan-Fiction, welche auf oben erwähntem Konzept beruht. Die Rechte an Charakteren und Eigenheiten, die hierin vorkommen und nicht aus einer der offiziellen StarTrek-Serien bzw. -Filme oder Konzepten anderer Autoren stammen liegen bei dem Autor der Fan-Fiction, Thomas Nikolajsen.

Jede Ähnlichkeit mit realen Personen, Orten oder Ereignissen ist, sofern keine ausdrückliche Übereinstimmung existiert, zufällig.