U.S.S. Community RPG

(Frei nach den StarTrek-Motiven von Gene Roddenberry)

 
Kapitel Null: Ein Schiff das sich Gemeinschaft nennt

Die Menschheit hatte viel erreicht in den vergangenen Jahrhunderten: Sie hatte alle internen Konflikte beigelegt, den Hunger besiegt, zusammen mit anderen Spezies eine Planetenföderation auf friedlicher, demokratischer Basis geschaffen und ganz nebenbei auch noch das Geld abgeschafft (zumindest was die föderationsinterne Wirtschaft anging).
Doch eine Jahrhunderte, wenn nicht gar Jahrtausende alte und keineswegs zu unterschätzende Geisel konnte sie nicht loswerden: Die Bürokratie. Im Gegenteil, in einer solch antikapitalistischen Gesellschaft wie der Föderation schien sie erst recht aufzublühen.
 
Wie anders ließe sich die folgende Verkettung von Ereignissen erklären:
Nach dem Ende des Dominionkrieges, als die Föderation wieder friedlichen Zeiten entgegenblickte hatte ein Philosoph, ein Dichter und Denker und obendrein noch glühender Bewunderer Captain Jean-Luc Picards eine Vision: Die Rückkehr alter Zeiten und Werte (aber nicht zu alter), in Form eines gemütlichen Kreuzers der Galaxy-Klasse. Die Offiziere sollten wieder mit ihren Familien unterwegs sein und der Captain alle Konflikte und Konfrontationen mit Weisheit und Diplomatie regeln. Einen passenden Namen hatte der Denker auch schon für das neue Schiff: U.S.S. Community.
Nun war dieser Mann kein Angehöriger der Sternenflotte, aber ein angesehener Zivilist mit einigen bescheidenen Beziehungen. Diesen hatte er es zu verdanken dass der Antrag auch recht zügig an die richtige Stelle geriet...
...und prompt einem Schreibtischhengst in die Hände fiel der mit der Idee nicht allzu viel anfangen konnte. Galaxy-Klasse? Zu klobig, zu ausladend. Außerdem konnte er Kinder nicht leiden, er war der festen Überzeugung dass Zivilisten generell nichts an Bord von Sternenflottenschiffen zu suchen hatten, auf jeden Fall nicht als dauerhafte Präsenz. Nein, ihm gefiel die neue, stromlinienförmigere Sovereign-Klasse schon wesentlich besser, und der Name... Er konnte sich nicht helfen, aber bei "Community" dachte er schon fast automatisch an eine Horde alberner, kiffender Partymenschen, das genaue Gegenteil von dem was einen ordentlichen Offizier ausmacht.
Wenn also ein neues Schiff, dann a) Sovereign-Klasse und b) mit einem schlagkräftigeren Namen, der für Ordnung und Disziplin stand. U.S.S. Rumsfeld. Kein Außerirdischer und kaum ein Mensch würde diesen Namen auf Anhieb korrekt einzuordnen wissen, aber allein schon der Klang hatte etwas von Größe und Strenge. Die Sternenflotte war eine militärische Organisation und kein Tummelplatz für idealistische Träumer und Leute die nur Flausen im Kopf hatten.
 
    An dieser Stelle seien ein paar Worte zu dem Umgang mit Akten im 24. Jahrhundert gesagt:
Papier gibt es nicht mehr, außer für sehr feierliche Anlässe, wenn zum Beispiel ein neuer Planet der Föderation beitritt. Dann wird das entsprechende Dokument nach uraltem Brauch mit Tinte unterzeichnet. In so gut wie allen anderen Fällen werden die Informationen auf PADDs gespeichert, den Nachfahren antiker Minicomputer wie Palm-Top und Organizer. Die Kapazität reicht aus um mehrere Bibliotheken komplett auf einem einzigen PADD zu speichern. Nur ist die Navigation im daraus unweigerlich resultierenden Datenwirrwarr so komplex dass die Menschen, die wie viele andere Spezies von Natur aus unglaublich faul sind sich lieber kleinere Datenpakete auf ein PADD runterladen, jeweils nur das was sie gerade brauchen und wenn es geht auf verschiedene PADDs aufteilen. Als mit dem Siegeszug der Replikatortechnologie PADDs fast so einfach hergestellt werden konnten wie Papierblätter wurden diese Datenmengen noch kleiner. Welch eine Verschwendung von Speicherplatz! Aber ein guter Bürokrat zeichnet sich gerade dadurch aus dass er für beinahe jeden Paragraphen ein anderes PADD verwendet; allein schon die Menge der Datenträger ist viel eindrucksvoller als wenn man alle schriftlichen Werke der Föderation in ein einizges PADD pressen würde. Und man kann ohne große Mühe einen kompetenten und vielbeschäftigten Eindruck erwecken indem man mit mindestens vier PADDs gleichzeitig jongliert. Angebern sei dabei auch die klassische Variante des mittleren 23. Jahrhunderts ans Herz gelegt, wie sie schon Captain Kirk zu schätzen wusste: Groß, griffig, macht sich gut auf jedem Schreibtisch, besonders neben einem Display im Retro-Röhrenmonitor-Look.
    Der Antrag des Philosophen befand sich ebenfalls weitestgehend allein auf einem PADD und wurde nach kurzer Begutachtung, gefolgt von den bereits geschilderten Gedankengängen achtlos beiseite gelegt. Bevor er aber vollständig unter einem Berg aus Akten begraben wurde musste jemand dieses PADD an sich genommen und doch noch einer näheren Betrachtung unterzogen haben; vielleicht war der Antrag aber auch schon in das Computernetzwerk der Sternenflotte kopiert worden.
 
    Nun begab es sich dass zur gleichen Zeit als der Philosoph seine Idee zu verwirklichen wollte die Bauarbeiten an einem neuen Schiff der Sternenflotte bereits im vollen Gange waren, ja schon wenige Monate vor dem Abschluss standen. Es handelte sich dabei weder um einen Kreuzer der Galaxy- noch um einen der Sovereign-Klasse; vielmehr sollte der experimentelle Prototyp U.S.S. Prometheus in Serie gehen, ein primär auf militärische Aufgaben getrimmter Schiffstyp, kleiner als die beiden anderen Klassen und in der Lage sich in Gefahrensituationen dreizuteilen.
Entsprechend dieser letzten Eigenschaft hatte der Ingenieur der die Bauarbeiten leitete die Idee das neue Schiff auf den Namen Trinity taufen zu lassen; auch er schickte diesbezüglich einen Antrag an die Planungsabteilung der Sternenflotte. Noch war es allerdings nicht so weit das Schiff offiziell zu taufen, denn die Hüllenplatten auf denen der Schriftzug später zu sehen sein würde mussten erst noch auf das metallene Gerippe montiert werden.
 
    Drei Monate später erhielt der Philosoph eine schriftliche Nachricht von dem Planungsbüro, in der ihm mitgeteilt wurde dass die U.S.S. Community bald ihren ersten Jungfernflug antreten werde. Vorher wurde er noch zu einem Treffen mit dem für die Bauleitung verantwortlichen Ingenieur eingeladen. Der Mann wunderte sich dass es so schnell gegangen war, doch er erklärte sich die kurze Zeitspanne zwischen Absenden seines Antrags und dem Erhalt der jetzigen Nachricht damit, dass ein Schiff der Galaxy-Klasse sich bereits im Bau befunden hatte und nur noch umgetauft hatte werden müssen.
    Den Ingenieur erreichte ebenfalls eine Mitteilung, in der ihm Zeit und Ort für ein Treffen mit dem Namensgeber seines Schiffes angegeben wurden. Namensgeber? Hatte vielleicht noch jemand die Idee gehabt ein Schiff oder gar dieses hier "Trinity" zu nennen? Das Wort stand für die Dreifaltigkeit, ein eigentlich religiöses Motiv. Sollte der Zivilist mit dem er sich bald treffen würde am Ende gar ein Priester sein? Einer der das neue Schiff segnen sollte? Das erschien ihm unwahrscheinlich. Viel näher lag da der Gedanke dass dieser Mann sich beschweren wollte weil ein heiliger Name keineswegs für ein Kriegsschiff verwendet werden sollte...
 
Sie trafen sich und der Philosoph fing gleich an zu schwärmen: "Ich bin so froh dass die Sternenflotte sich wieder auf das meiner Meinung nach einzig wahre Design und die damit verbundenen Werte zurückbesinnt... Ich hoffe es wird in Zukunft noch mehr neue Schiffe dieses Typs geben."
    Der Ingenieur wirkte leicht verwirrt. "Nun ja, wir werden erst mal sehen wie sich das neue Konzept in der Praxis macht... Immerhin handelt es sich um eine ganz neue Entwicklung, weshalb ich offen gesagt auch nicht ganz Ihre Rede von wegen 'Rückbesinnung' verstehe..."
    "Und ich verstehe Ihre Worte nicht ganz. Soll das etwa heißen die Galaxy-Klasse wurde komplett überarbeitet?"
    "Halt halt halt, das muss ein Missverständnis vorliegen! Wie kommen Sie denn jetzt auf Galaxy-Klasse?"
    "Na die Community, ich habe vorgeschlagen dass das neue Schiff so genannt werden soll!"
    Der Ingenieur seufzte. Ein Verdacht machte sich in ihm breit... "Guter Mann, ich befürchte Sie unterliegen hier einer gleich doppelten Täuschung: Erstens ist das neue Schiff, dessen Zusammenbau ich in dem vergangenen Jahr geleitet habe das erste brauchbare Serienmodell der Prometheus-Klasse und zweitens heißt es nicht Community, sondern Trinity!"
    Nun war die Verwirrung voll auf des Philosophen Seite. "Aber in der Nachricht die ich bekam steht eindeutig dass die 'U.S.S. Community, NCC-89503' bereit ist in den aktiven Dienst gestellt zu werden!"
    "Zeigen Sie mal her!" Er riss dem Zivilisten das PADD aus den Händen und starrte auf die Zeilen. "Das ist doch nicht möglich, die Registriernummer stimmt mit der der Trinity überein, sie stand nämlich schon lange vor dem Namen fest... Ach du heilige Warpspule! Los, ins Shuttle!"
 
Es dauerte eine Weile bis zu den Jupiter-Werften, doch als sie dort angekommen waren konnte der Philosoph schon von Weitem sehen dass hier kein großes Schiff der Galaxy-Klasse zusammengebaut wurde, sondern ein deutlich kleineres, eins dessen "Untertassen"-Sektion kein Diskus, sondern eine Pfeilspitze war, was dem Kreuzer automatisch ein aggressiveres Aussehen verlieh. Überhaupt hatte die Gesamtkonstruktion nur noch wenig mit dem bekannten und bei allen großen Schiffen angewandten Prinzip gemeinsam, immerhin gab es aber noch mehr Vertrautheit als bei der Defiant-Klasse. Sie mussten ziemlich nah heranfliegen um den relativ kleinen Namensschriftzug zu lesen, der ein paar Meter vor der Kuppel mit der Brücke angebracht war:

U.S.S. Community
NCC-89503

"Diese Halunken!", heulte der Philosoph, "da verpassen sie diesen schönen Namen ausgerechnet einem Kriegsschiff!"
    "Ich kann Ihnen versichern dass ich keine Ahnung davon hatte! Eigentlich bin ich davon ausgegangen dass sie meinen Vorschlag verwenden würden. Den Namen hätte man dann auch etwas größer schreiben können... Ich stimme Ihnen zu, 'Community' würde auf der ausladenden Diskus-Sektion eines Galaxy-Schiffs weitaus besser zur Geltung kommen. Trotzdem... Wo wir schon mal hier sind, wie wäre es mit einer kleinen Besichtigung? Nur wenigen Zivilisten wird diese Ehre zuteil."
    "Und ich kann für den Moment auch ganz gerne darauf verzichten. Egal wie dieses Ding von Innen aussehen mag, an den Charme der Galaxys wird es nicht heranreichen. Ich verlange auf der Stelle mit dem Verantwortlichen zu sprechen!"
    Die Werftleitung konnte ihnen allerdings nicht viel weiterhelfen; sie würden sich schon zurück zur Erde begeben und mit den Zuständigen im Planungsbüro reden müssen.
 
Doch es schien wie verhext. Keiner fühlte sich zuständig, sie wurden von einer Instanz an die nächste weitergerreicht und meistens waren diese Schreibtischhengste niederen Ranges. Der am höchsten dekorierte Beamte war ein Lieutenant-Commander, der gerade versuchte einen neuen Rekord in der Disziplin "Wie schaffe ich es einen Paragraphen auf möglichst viele Einzel-PADDs aufzuteilen" aufzustellen und demensprechend gereizt reagierte als die beiden Besucher eintraten. "Haben Sie einen Termin?", fragte er barsch.
    "Lieutenant Garner sagte uns wir sollten einfach zu Ihnen gehen!", rechtfertigte sich der Ingenieur.
    "Garner, soso... Dann gehen Sie mal schön zu Lieutenant Hardesk, füllen dort ein Formular aus dass Sie mich zu sprechen wünschen, mit diesem Formular gehen Sie wieder zu Garner, welcher es zuerst unterzeichnen wird und dann wieder zu Hardesk, der es endgültig absegnet. Dann warten Sie auf die Bestätigung und erst dann können Sie bei mir vorbeischauen. Aber machen Sie sich keine allzu großen Hoffnungen, ich bin ein vielbeschäftigter Mann."
    Dem Philosophen wurde es langsam zu bunt. "Hören Sie mal, ich will ja nicht wissen warum wir mit einem Formular zuerst von einem Beamten zum anderen und dann wieder zurück rennen müssen, aber zufällig kamen wir an einer Tür vorbei an der 'Hardesk, Samuel, Lieutenant JG' stand und darunter die Mitteilung dass er im Moment noch auf Urlaub sei. Und es scheint auch keine Vertretung für ihn zu geben!"
    "Ach ja, jetzt fällt es mir ein... Ist auf Risa, der Gute, Sie wissen, die Arbeit in der Verwaltung kann einem ganz schön an die Substanz gehen... Spätestens übermorgen dürfte er aber wieder zurück sein. Bis dahin werden Sie sich wohl noch gedulden müssen."
    "Also das ist doch..."
    "Lassen Sie's gut sein", versuchte der Ingenieur den aufgebrachten Philosophen zu beruhigen und sagte zum Lieutenant-Commander: "Wir werden uns an Ihre Vorgesetzten wenden."
    "Meinetwegen tun Sie das, aber verschwinden Sie aus meinem Büro! - Nur der Vollständigkeit halber, der Weg zu allen höheren Beamten und Offizieren in dieser Abteilung führt ausschließlich über meine bescheidene Wenigkeit. Also dann, bis übermorgen!"
 
"Dieser... dieser... dieser... Korinthenkacker!", rief der Philosoph als sie wieder im Flur standen.
    "Mäßigen Sie sich, ich selbst bin ja auch nicht gerade glücklich über diese Paragraphenreiter, aber wie Sie sehen habe auch ich den Rang eines Lieutenant-Commanders... Dies hier mag zwar nicht ganz mein Revier sein, aber ich kenne eine Person die hier wirklich etwas zu sagen hat: Admiral Kwaal. Und ich weiß auch schon wie wir zu ihr gelangen können..."
 
Wenige Minuten später befanden sie sich in einem anderen Gebäude und in einem höheren Stockwerk. Mit seinem energischen Auftreten hatte der Ingenieur es immerhin geschafft ihnen bis hierher den Weg zu ebnen, es war nur noch ein Sicherheitsposten übrig, ein Lieutenant Senior Grade, der sich ihnen breitbeinig in den Weg stellte. "Halt, zeigen Sie Ihre Berechtigungspapiere!"
    Der Ingenieur zeigte ihm ein PADD mit seinen persönlichen Daten und wedelte gleichzeitig mit einem anderen PADD so schnell vor der Nase des Sicherheitsoffiziers herum, dass dieser beim besten Willen nicht lesen konnte was da geschrieben stand. "Es ist eine Ungeheuerlichkeit, der Name wurde falsch geschrieben!"
    "Äh... Welcher Name?"
    "Na der des Schiffs das unter meiner Leitung gebaut wurde! U.S.S. Community, aber irgendein Vollidiot hat ihn auf der Schiffshülle mit nur einem 'M' in der Mitte geschrieben!" Er holte ein drittes PADD hervor und drückte es dem Offizier in die Hand.
    "Sekunde..." Der Wachposten ging an ein Terminal, fragte dort ein paar Daten ab und kehrte dann kopfschüttelnd wieder zurück: "Hier steht dass der Name des Schiffes 'Trinity' lautet, 'U.S.S. Trinity, NCC-89503', lediglich Registriernummer und Schiffstyp stimmen hier überein."
    "Na das ist doch wieder mal typisch, keine Ahnung von Rechtschreibung und Typographie! Ich muss zu Admiral Kwaal, SOFORT!"
Der nun leicht eingeschüchterte Wachmann salutierte hektisch und ließ sie passieren.
    Admiral Kwaal entpuppte sich als Andorianerin, was an sich nicht verwunderlich war, aber was die beiden Besucher irritierte war die Farbe ihrer Augen. Andorianer haben meistens, scheinbar sogar ausschließlich sehr dunkle Augen, wahrscheinlich sogar ganz schwarze. Doch Kwaals Sehorgane waren in einem stechenden Blauton gehalten, der mit ihrer eigentlich ebenfalls blauen Hautfarbe nur minimal harmonierte. Egal ob es sich hierbei um eine natürliche Varianz oder eine künstlich herbeigeführte Abweichung handelte, vor dieser Frau fühlten sich Ingenieur und Philosoph wie vor einem Eisberg von dem jeden Moment eine tosende Lawine losbrechen konnte. Die Nummer mit dem schnell herumgewedelten PADD schien hier nicht zu funktionieren, wie automatisch händigte der Ingenieur ihr das erste und dritte PADD aus. Doch Kwaal sah sich nur das erste an und meinte dann: "Sie sind nicht angemeldet." Ihre Stimme bildete das akustische Äquivalent zu einer losbrechenden Schneedecke.
    "Wir sind angemeldet! Commander Schellenbaum muss nur versäumt haben dies Ihnen mitzuteilen..."
    "Lieutenant-Commander Schellenbaum ist ein sehr pflichtbewusster Offizier. Sie sind nicht der erste der die Hierarchie zu umgehen versuchen, aber Sie sind der erste der einen Zivilisten mitbringt."
    Der Philosoph räusperte sich. "Sehen Sie, die Sache ist die.."
    "Erzählen Sie mir das ein andermal, wenn Sie eine schriftliche Anmeldung haben. Und jetzt verlassen Sie dieses Büro bevor ich ein Disziplinarverfahren wegen Amtsmissbrauchs gegen Sie einleite, Commander." Ihre Antennen vollführten dabei eine Bewegung die an Däumchendrehen erinnerte.
 
Sie setzten sich auf eine Bank in einem der unteren Stockwerke und besprachen ihre weitere Vorgehensweise.
"So wird das nichts, diese Amtsschimmel jagen uns nur von einer Instanz zur anderen und niemand wird sich zuständig fühlen. Selbst wenn es morgen oder übermorgen klappen sollte, dieser Schellenbaum dürfte wohl immer einen Stein finden den er uns in den Weg legen kann."
    "Ganz so pessimistisch würde ich die Sache nicht sehen, ich meine die Zeiten diktatorischer Bürokratie sind ein- für allemal Geschichte. Glauben Sie mir, ich arbeite nun schon seit 18 Jahren in der Sternenflotte."
    "Aber doch nicht in der Verwaltung?"
    "Nein, auch wenn ich als Ingenieur durchaus mal pingelig sein kann wenn ich es für nötig halte."
    Eine menschliche Frau, deren Uniformabzeichen sie ebenfalls als Admiral ausgaben kam vorbei und blieb stehen. "Warten Sie auf jemanden, meine Herren?"
    "Nein, Ma'am. Höchstens auf Godot", seufzte der Philosoph.
    Die Frau runzelte die Stirn und lächelte. "Verstehe... Die Bürokratie. Nun, ich habe im Moment keine weiteren Termine, wie wär's wenn Sie einfach mit in mein Büro kommen und dann sehen wir was ich für Sie tun kann."
    Der Philosoph starrte sie mit offenem Mund an. "Aber... wir sind nicht angemeldet!"
    "Ach, diese Schikane... Commander Schellenbaum scheint mir zuweilen ein wenig paranoid, aber das bleibt unter uns. - Ich bin Admiral Kathryn Janeway", stellte sie sich endlich vor und gab beiden die Hand.
    "Ach so, Sie kamen mir gleich so bekannt vor... Nun, es scheint wohl dass sieben Jahre Delta-Quadrant einen gewisse Dinge nicht mehr ganz so verbissen sehen lassen", freute sich der Ingenieur.
 
Janeway mochte zwar nicht ganz so ranghoch sein wie Admiral Kwaal, aber sie zeigte wenigstens echtes Interesse an dem Problem der beiden Männer. "Nun, Namen werden zwar immer als Schall und Rauch bezeichnet, aber dem stimme ich nicht ganz zu. Mein Schiff war die Voyager, wie Sie wissen und kaum hatte ich das Kommando übernommen ging es wirklich auf eine seehhr lange Reise. Wenn ein Schiff den Namen 'Community' trägt oder tragen soll so stimme ich mit Ihren Ansichten überein, Mr. Pizer."
Der Philosoph nickte dankbar.
    Janeway starrte eine Weile auf den Monitor auf ihrem Schreibtisch. "Wie ich sehe sind in der nächsten Zeit keine neuen Galaxy-Schiffe geplant, auch wenn sich das schnell ändern könnte. Ich denke jemand dachte Ihnen einen Gefallen zu erweisen indem er oder sie oder es den von Ihnen gewählten Namen dem Schiff verpasst das als nächstes fertiggestellt wird. - Augenblick mal, ich sehe gerade den abgesegneten Antrag das neue Prometheus-Klasse-Schiff auf den Namen 'Community' zu taufen... Er scheint durch ungewöhnlich viele Instanzen gegangen zu sein, es steht sogar meine Unterschrift drunter, obwohl ich mich nicht erinnern kann dieses Dokument jemals zuvor gesehen zu haben."
    "Können Sie sehen wer dafür verantwortlich ist?"
    "Leider nein, viele Namen sind mit amtlichen Chiffren und Kürzeln versehen, es gibt eine ganze Reihe von Beamten die zu faul sind um ihren Namen und Titel öfters als unbedingt nötig auszuschreiben. Und das obwohl der Computer das vollautomatisch übernehmen kann! Ich kann Ihnen sagen, das ist eine ganz eigene Spezies, diese Verwaltungsbeamtenschaft, und das meine ich unabhängig von der biologischen und ethnischen Rassenzugehörigkeit."
    "Heißt das also wir können gar nichts tun?"
    "Im Moment sieht es leider so aus. Es kann Jahre dauern bis diese Sache aufgeklärt wird, zudem wird man sie als zu geringfügig einstufen um größere Energien in sie zu investieren. - Mr. Pizer, es gäbe allenfalls noch die Möglichkeit einem Frachter oder anderem zivilen Schiff den Namen 'Community' zu verpassen. Und was Ihr Schiff angeht, Commander - ich fürchte Sie werden mit diesem Namen leben müssen. Und seine Besatzung ebenfalls. - Waren Sie eigentlich auch an dem Design beteiligt?"
    "Nein, Ma'am, ich habe nur den Bau geleitet. Aber ich habe mich mit den verantwortlichen Konstrukteuren inoffiziell auf den Namen 'Trinity' geeinigt. - Hätten wir vielleicht eine Chance wenn ich eine Unterschriftenliste einreiche?"
    "Versuchen könnten Sie's, aber allzugroße Hoffnungen auf Erfolg sollten Sie sich nicht machen. Und selbst wenn das neue Schiff umgetauft werden sollte, welches Schiff sollte dann 'Community' genannt werden? - Wenn ich es mir so überlege, ein Kreuzer der Intrepid-Klasse wäre ebenfalls dazu geeignet. Aber wie gesagt, ich allein kann da nicht viel ausrichten und wie ich die anderen hohen Tiere hier einschätze werden sie für diese in ihren Augen als banal geltende Angelegenheit nur ein Lächeln übrig haben. - Übrigens, was Ihren Wunsch nach Familienmitgliedern auf dem Schiff anbelangt, Mr. Pizer, so dürfte dieser zumindest theoretisch in Erfüllung gehen können."
    "Wie meinen Sie das denn?"
    "Sehen Sie, die Prometheus-Klasse wurde für den Kriegseinsatz entwickelt, was unter Anderem bedeutet dass sie auch als Truppentransporter dient. Nun da die Föderation sich nicht mehr im Krieg befindet wäre es im Bereich des Möglichen - nur rein theoretisch natürlich - dass der so frei gewordene Platz für die Unterbringung ziviler Familienangehöriger dienen könnte."
    "Bei allem Respekt", warf der Ingenieur ein, "ich halte das für keine gute Idee. Die Schiffsstruktur müsste überarbeitet werden, man müsste neues Personal einstellen für die Betreuung der Kinder..."
    Janeway nickte zustimmend. "Ich verstehe Ihren Einwand, und offen gesagt halte auch ich die praktische Umsetzung dieser Option im Moment für quasi nicht-existent, zumal auf die Beamten hier eine Menge Bürokram zukommen würde. Aber wie sagt man so schön, die Hoffnung stirbt immer zuletzt!"
    Im Großen und Ganzen hatte dieses Treffen also nicht allzu viel gebracht; trotzdem bedankten sich die beiden Männer, vor allem Pizer bei der Admirälin und verabschiedeten sich mit einem flauen Gefühl im Magen.
 
    Da es ohnehin keinen Sinn hatte weiter gegen die Bürokratie der Sternenflotte zu Felde zu ziehen, entschloss der Philosoph sich dennoch zähneknisrschend zu einer Schiffsführung. Schon auf der Brücke der Community wurde ihm übel - die Dreier-Sitzgruppe für Captain (Mitte), Erster Offizier (rechts) und Councellor (links) bestand in seinen Augen nur aus lieblos nebeneinander gestellten Sesseln (nun gut, der des Captains war etwas größer und besser gepolstert, aber nur minimal) und hatte keinerlei Ähnlichkeit mit den bequemen Sitzmöbeln auf einer Galaxy-Brücke. Dazu kam ein generell eher kaltes, steriles Design das zu einem Kriegsschiff passte wie die sprichwörtliche Faust auf's Auge. Nie und nimmer hatte dieses Ding den Namen "Community" verdient! Pizer sagte dies auch dem Ingenieur, der ihm peinlich berührt zustimmte.
"Aber immerhin haben wir jetzt drei Sessel in der Mitte, auf dem Prototypen gab es an dieser Stelle nur einen einzigen!"
    "Trotzdem sieht es aus wie hingespuckt", maulte der Philosoph.
    Sie besichtigten nun den Rest des Schiffs, sofern ein Zivilist Zugang haben durfte. Pizers Stimmung verbesserte sich beim Anblick keineswegs.
    "Nun machen Sie mal nicht so ein Gesicht, so schrecklich ist dieses Schiff nun wirklich nicht. Zum Beispiel ist alles viel heller, anstatt des sonst üblichen Graus dominiert hier eindeutig die weiße Farbe!"
    "Aber es fehlen die warmen Töne, vor allem Elemente mit holzartiger Struktur. Es lässt sich nun mal nicht leugnen dass dieses Schiff irgendwie... nüchterner wirkt, hier scheint der Verstand zu regieren und nicht das Herz."
    "Und das ist auch gut so, ich meine die Offiziere eines Schiffs sollten stets bei klarem Verstand sein. Der sterile Charakter wird vielleicht etwas nachlassen sobald die Crew sich eingelebt und der Trin... äh, Community Leben eingehaucht hat."
    "Dazu bräuchte es aber schon einen Orkan an Lebensgefühl!"
    Sie waren wieder auf der Brücke angekommen, wo ein Crewman gerade dabei war die messingfarbene Schiffsplakette zu polieren.
"Hier haben Sie einen Ihrer warmen Farbtöne", kommentierte der Ingenieur und deutete auf die Plakette, auf der Name und Registriernummer des Schiffs standen sowie die Zeit des Stappellaufs, der laut den hier zu sehenden Angaben bereits in wenigen Tagen erfolgen sollte.
Für einen kurzen Augenblick war der Philosoph mit einem Hauch von Stolz und Freude erfüllt, doch dann sah er wieder die Umgebung und kalte Wut überkam ihn. Er trat zur Mitte der Brücke und streckte die Faust zur Decke. "Hören Sie gut zu, hört alle gut zu, dieses Schiff und dieser Name" - er deutete auf die Plakette - "sind nicht füreinander bestimmt. Ich wage es zu prophezeihen dass dieses Schiff und seine Besatzung alles andere als eine fest zusammengeschweißte Gemeinschaft bilden werden, trotz des Namens der das Gegenteil suggeriert. Es werden Neid und Zwietracht herrschen, Chaos wird diese Brücke öfters regieren als es einem pflichtbewussten Offizier der Sternenflotte lieb ist, Offiziere werden kommen und gehen, einige vielleicht auch sterben oder spurlos verschwinden... Und ich sage das nicht nur weil mein zweiter Vorname zufällig Nostradamus lautet, wie bei jenem legendären Seher und Propheten."
Die Crewmen, die seiner Rede mit offenen Mündern gelauscht hatten machten sich wieder an ihre Arbeit; bei den getuschelten Worten die viele von ihnen miteinander austauschten fiel nicht selten die Bezeichnung "Spinner".
Der Ingenieur wusste dass es nun Zeit für Jacob Nostradamus Pizer war das Schiff zu verlassen und wieder zur Erde zurückzukehren.
 
Wenige Monate später und noch mehrere Monate danach dachte er mit Grauen an die leider nur allzu wahr gewordenen Worte des prophetischen Philosophen.


 
Der obige Text wurde geschrieben von Thomas Nikolajsen.
Er basiert auf dem gleichnamigen
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